- panarabische Bewegung
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Pan|arabịsmus, politische Bemühungen im arabischen Raum, die arabischen Staaten und ihre Bevölkerung auf der Grundlage eines gemeinsamen, historisch, sprachlich und kulturell begründeten Bekenntnisses zur »Arabischen Nation« zu gemeinsamem Handeln, letztlich zum supranationalen Zusammenschluss zu bewegen. Im Gegensatz zum Panislamismus sucht die panarabische Bewegung auch nichtislamische (z. B. christliche) Kräfte zu integrieren. Unterschiedliche regionale, gesellschaftliche, wirtschaftliche Interessen innerhalb und zwischen den einzelnen arabischen Staaten stellen sich dem Ziel der panarabischen Bewegung immer wieder entgegen. Als Gesprächs- und Verhandlungsforum entstand 1945 die Arabische Liga.Im 19. Jahrhundert drangen nationalstaatliche Ideen aus Europa in den arabischen Raum ein und förderten seit etwa 1880 ein gesamtarabisches Bewusstsein, das sich zunächst vornehmlich gegen die Oberherrschaft des Osmanischen Reiches wandte. Als Großbritannien und Frankreich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Errichtung von Völkerbundsmandaten über weite Teile der arabischen Welt die Bildung eines arabischen Nationalstaates (v. a. im Bereich der Arabischen Halbinsel) verhinderten, wandte sich die panarabische Bewegung gegen den Imperialismus der europäischen Kolonialmächte. Nach deren Rückzug aus dem Nahen Osten (seit 1945) fanden sich die ideologisch oft sehr unterschiedliche Kräfte der panarabischen Bewegung im Kampf gegen Israel und für die Errichtung eines palästinensisch-arabischen Staates zusammen (Nahostkonflikt). Eine der bedeutenden Integrationsfiguren der panarabischen Bewegung war in den 50er- und 60er-Jahren der ägyptische Präsident G. Abd el-Nasser. Die besonders von ihm geförderte, 1958 in der Vereinigten Arabischen Republik vollzogene Vereinigung von Ägypten und Syrien scheiterte 1961. Nach seinem Tod (1970) suchte sich v. a. der libysche Revolutionsführer M. al-Gaddhafi als Förderer der panarabischen Bewegung zu profilieren; der Plan einer Föderation von Ägypten, Syrien und Libyen (1971) konnte ebenso wenig realisiert werden wie ein Zusammenschluss von Libyen mit Tunesien (1974), Syrien (1980) und Marokko (1984). Wichtigstes Ferment der panarabischen Bewegung blieben der Kampf gegen Israel und die Schaffung eines Staates der palästinensischen Araber. Die Friedensinitiative des ägyptischen Präsidenten A. as-Sadat gegenüber Israel (1977-79), v. a. jedoch die Beteiligung von Truppenkontingenten arabischer Staaten an der von den USA im Namen der UNO geführten antiirakischen Allianz im 2. Golfkrieg (Januar/Februar 1991) stellte die panarabische Bewegung vor eine Zerreißprobe. (Araber)M. Khadduri: Political trends in the Arab world (Baltimore, Md., 1970, Nachdr. Westport, Conn., 1983);J. Kimche: Zeitbombe Nahost (a. d. Engl., 1970);B. Tibi: Vom Gottesreich zum Nationalstaat. Islam u. panarab. Nationalismus (21991);P. Khoury: Tradition et modernité. Matériaux pour servir à l'étude de la pensée Arabe actuelle, 3 Bde. (Münster 1981-85);Political and social thought in the contemporary Middle East, hg. v. K. H. Karpat (Neuausg. New York 1982);M. Mufti: Sovereign creations. Pan-Arabism and political order in Syria and Iraq Ithaca, N. Y., 1996).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:Naher Osten: Arabische Staaten im Sog des Ost-West-Konflikts
Universal-Lexikon. 2012.